logo

Elektronische Patientenakte (ePA)

Hausärzte befürchten "Bruchlandung" durch zu wenig aktive Nutzer

23.07.2025·Der Hausärzteverband kritisiert die bisher sehr geringen Nutzerzahlen der elektronischen Patientenakte (ePA) und kritisiert dabei den Registrierungsprozess als zu kompliziert. Ohne Aktzeptanz bei den Versicherten könne die ePA nicht zum Erfolg werden. Die Krankenkassen müssten ihre Versicherten deshalb zielgerichteter über die ePA aufklären. Patientenschützer machen zudem darauf aufmerksam, dass Versicherte die Inhalte und Nutzung der ePA nur dann beeinflussen können, wenn sie sich über die Krankenkassen-App registrieren.

Millionen Versicherte verfügen seit Anfang 2025 über eine elektronische Patientenakte, nutzen diese jedoch bisher nicht aktiv, um Gesundheitsdaten anzusehen oder auch Zugriffsrechte zu verwalten. Laut AOK haben die gesetzlichen Krankenkassen für insgesamt rund 70 Millionen Versicherte eine ePA zur Verfügung gestellt. Bei der Nationalen Agentur für digitale Medizin (Gematik) wurden bisher jedoch erst knapp 3,17 Millionen individuelle Gesundheits-IDs für gesetzlich und privat Versicherte registriert. Die elf AOKs haben dabei nach eigenen Angaben für rund 25,78 Millionen ihrer Versicherten eine ePA angelegt. Davon hätten sich bisher etwa 200.000 für die Verwendung freischalten lassen. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) wurden laut Vorstandschef Jens Baas bisher 750.000 der rund elf Millionen angelegten ePA aktiviert, bei der Barmer sind dies etwa 250.000 der rund 7,8 Millionen angelegten ePA. Laut AOK hatten dagegen bei einer Umfrage im August letzten Jahres noch 77 Prozent der Befragten großes Interesse daran gezeigt, über ihre ePA künftig Arztbriefe oder Labordaten einzusehen.

Angesichts der niedrigen Nutzerzahlen fordert der Hausärzteverband eine bessere Aufklärung von Patienten durch die Krankenkassen: "Der elektronischen Patientenakte für alle droht eine Bruchlandung. Die Zahl der aktiven Nutzer ist ernüchternd", so der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Markus Beier, gegenüber der Rheinischen Post. Die ePA sei in ihrer aktuellen Form "schlichtweg nicht alltagstauglich", der Registrierungsprozess sei zu kompliziert, die Technik zu störanfällig. Es vergehe kaum eine Woche, in der die Praxen keine Probleme mit dem Zugriff auf Patientenakten hätten, so seine Kritik.
Änderung bei ePA ab Oktober 2025
Nach der Einführung in den Modellregionen Franken, Hamburg und Teilen Nordrhein-Westfalens haben die gesetzlichen Krankenkassen seit 29.04.2025 insgesamt rund 70 Millionen ePA erstellt. Ärzte und andere Behandler können die ePA bis zum 30.09.2025 freiwillig nutzen. Ab 01.10.2025 sind sie gesetzlich verpflichtet, bestimmte medizinische Daten in die ePA einzutragen - sofern diese im Rahmen der aktuellen Behandlung erhoben und digital verfügbar sind.
Patientenschützer raten Versicherten zur ePA-App

Patientenschützer warnen zudem vor einer mangelnden Aufklärung in der Bevölkerung. Vielen Versicherten sei nicht bewusst, dass bei der ePA das sogenannte Opt-out-Prinzip gelte. Wer der Einrichtung nicht aktiv widerspreche, erhalte automatisch eine ePA. Vor diesem Hintergrund ist es für Versicherte wichtig, die Apps der Krankenkassen zu nutzen, so Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Ohne die Nutzung der App sei eine Steuerung der persönlichen und medizinischen Daten unmöglich. Jeder Gesundheitsdienstleister könne dann alles sehen. Zur ersten Verwendung der App müsse man sich zunächst identifizieren und freischalten lassen (Registrierung).

Doch auch ohne Registrierung könne die ePA von Ärzten schon mit Daten befüllt und eingesehen werden. Hierauf macht der AOK-Bundesverband aufmerksam. Ab Oktober 2025 seien die Ärzte dazu verpflichtet. Die Gematik habe allein in der vergangenen Woche mehr als 42,5 Millionen Zugriffe auf Patientenakten durch Arzt- und Zahnarztpraxen registriert. Mehr als 6,23 Millionen Mal sei über die ePA der Medikamentenplan eines Patienten aufgerufen worden. Aktuell seien bei der Gematik 67.641 medizinische Einrichtungen als ePA-Teilnehmer registriert.

Leistungserbringer kritisieren Infrastruktur

Die technische Infrastruktur der ePA wird dabei nicht nur vom Hausärzteverband kritsiert. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fehle noch rund einem Viertel der Praxen ein Software-Modul zur ePA-Verwendung. Das sei "hochkritisch", sagte KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner. Die Praxen bräuchten ausreichend Zeit, um die ePA in ihren Arbeitsalltag zu integrieren und Feedback über notwendige Anpassungen zu geben. Auch Apotheken beschwerten sich nach Information der AOK zuletzt über eine Häufung technischer Störungen in der Telematik-Infrastruktur (TI). Nach Einschätzung der KBV beeinträchtige dies die Akzeptanz der ePA auf Seiten der Leistungserbringer erheblich.

Bessere Aufklärung der Patienten gefordert

Neben der Deutschen Stiftung Patientenschutz fordern auch die Krankenhäuser eine zielgerichtetere und vor allem positive Kommunikation und Aufklärung zur ePA. "Die elektronische Patientenakte darf nicht scheitern. Sie trägt sowohl kurzfristig als auch langfristig zur Verbesserung der Versorgungsqualität in Deutschland bei. Es ist wichtig, dass alle im Gesundheitswesen Beteiligten gemeinsam daran arbeiten, die Bürgerinnen und Bürger aufzuklären und sie von den Vorteilen der ePA zu überzeugen", erklärt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Dr. Gerald Gaß. Die ePA sei ein wichtiger Schritt, um die Patienten stärker in ihre Gesundheitsdaten einzubinden. "Wir brauchen eine breite positive Kommunikation für die Nutzung der ePA", so Gaß.

Kassen setzen auf zweite Ausbaustufe ab Oktober

Ähnlich äußerte sich am Dienstag der GKV-Spitzenverband in Berlin. Die Kritik des Hausätzeverbands hält er dabei jedoch für unbegründet und fehlgeleitet. "Die Krankenkassen haben erstklassige Arbeit geleistet, indem sie in kurzer Zeit termingerecht über 70 Millionen elektronische Patientenakten angelegt und die Versicherten darüber informiert haben", so Dr. Martin Krasney, Mitglied des Vorstandes beim GKV-Spitzenverband mit Blick auf die Nutzung der ePA. Jetzt gehe es darum, die Akzeptanz und den praktischen Nutzen der ePA weiter zu erhöhen, damit sie tatsächlich in der Breite der Versorgung ankomme und diese verbessern könne. Dazu blicken die Kassen auf die verpflichtende Befüllung der ePA ab Oktober 2025. "Ich bin zuversichtlich, dass es dann einen weiteren wichtigen Schub für die elektronische Patientenakte gibt. Wir alle sollten partnerschaftlich daran arbeiten, dass die Chancen der ePA genutzt werden. Dafür müssen wir gemeinsam einstehen. Das unberechtigte Schlechtreden der ePA ist sicher kein konstruktiver Beitrag zur notwendigen Digitalisierung", so Krasney.

QR-Code: http://www.krankenkassen-direkt.de

Dies ist ein Ausdruck aus www.krankenkassen-direkt.de
Es gelten die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.
© 2000-2025 Redaktion kkdirekt; alle Rechte vorbehalten, alle Angaben ohne Gewähr.

Dies ist ein Ausdruck aus www.krankenkassen-direkt.de
Es gelten die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.
© 2000-2025 Redaktion kkdirekt; alle Rechte vorbehalten, alle Angaben ohne Gewähr.