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Interessengemeinschaft Medizin e.V.|06.10.2025

PRESSEMITTEILUNG

Fehlstart mit Ansage - die elektronische Patientenakte

Düsseldorf (kkdp)·Am 1. Oktober 2025 ist die gesetzliche Pflicht zur Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) in Kraft getreten - und schon zeigt das Telematiksystem seine seit Jahren bekannten Schwächen. "Von morgens kurz nach neun bis etwa 17 Uhr lief bei den größten Krankenkassen - TK, AOK und Barmer - nichts in puncto Zugang zur ePA", erklärt Dr. Ilka M. Enger, Internistin aus Neutraubling und Vorsitzende der Interessengemeinschaft Medizin (IG Med e. V.).

Selbst die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), als Körperschaft des öffentlichen Rechts durchaus staatsnah, hatte bereits im Vorfeld gewarnt, dass die Telematikinfrastruktur (TI) zu instabil sei, um darauf eine verlässliche medizinische Versorgung aufzubauen. Zwischen Einführung der Opt-out-ePA im April und Juli kam es an 71 Tagen zu 21 relevanten Ausfällen mit einer durchschnittlichen Dauer von über drei Stunden. Hochgerechnet wäre die ePA damit fast 14 Tage pro Jahr nicht erreichbar.

Die Verfügbarkeit der einzelnen TI-Komponenten (ePA, eRezept, eAU) lag mit 96 bis maximal 97 % deutlich unter den vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geforderten Werten - nämlich 99 % für normale Anwendungen (VK1) und 99,99 % für kritische Systeme (VK3).

"Die Telematikinfrastruktur wird damit zur Achillesferse einer ohnehin durch Ärztemangel und Überbürokratisierung geschwächten medizinischen Versorgung in Deutschland", stellt Dr. Steffen Grüner, stellvertretender Vorsitzender der IG Med, fest. "Wir - wie auch die meisten unserer Kolleginnen und Kollegen - sind keineswegs gegen Digitalisierung. Im Gegenteil: Wir begrüßen jede technische Lösung, die Patientinnen und Patienten sowie Praxen entlastet und Zeit spart. Doch davon ist bei der von der Gematik verantworteten Digitalisierung seit Jahren nichts zu spüren - eher im Gegenteil."

Die ePA entwickelt sich erneut zum Ärgernis im deutschen Gesundheitswesen. Zum einen sind viele Krankenkassen ihrer Informationspflicht offenbar nicht oder nur unzureichend nachgekommen - zahlreiche Versicherte wissen noch gar nichts von der ePA. Und selbst wenn sie informiert sind, zeigen die meisten gesetzlich Versicherten kein Interesse: Die Downloadquote der ePA-Apps liegt je nach Krankenkasse unter fünf Prozent - die tatsächliche Nutzungsquote dürfte noch niedriger sein.

Zum anderen sind zwar viele Praxen bereits "ePA-ready", doch die Krankenhäuser, die eigentlich Arztbriefe und Befunde hochladen sollen, sind es vielfach nicht. "Das Bundesgesundheitsministerium drückt hier beide Augen zu", kritisiert die IG Med.

Wie wackelig und teuer die Digitalisierung aufgestellt ist, zeigt sich auch daran, dass zum Jahreswechsel aufgrund geänderter Verschlüsselungsalgorithmen ein Austausch zahlreicher Konnektoren, Heilberufsausweise und SMC-B-Karten erforderlich wird. Ob dieser Austausch fristgerecht gelingt, ist offen - andernfalls könnten Praxen und Apotheken zeitweise den Anschluss an die TI verlieren und vorübergehend wieder auf Papierdokumentation zurückfallen.

"Wieder ein digitales Projekt der Gematik, das weit hinter den eigenen Erwartungen zurückbleibt, seinen Nutzen in der Versorgung schuldig bleibt und stattdessen zur Belastung in Praxen und Apotheken wird", zieht Annette Apel, stellvertretende Vorsitzende der IG Med, ein ernüchterndes Fazit.

Die IG Med lädt auch deshalb am 15. Oktober 2025 zu einem Digitalgipfel in den Räumen der Bundespressekonferenz in Berlin ein. Dort sollen nicht nur der Status quo kritisch beleuchtet, sondern auch konkrete Forderungen und praktikable Lösungen für eine patientenorientierte, sichere und nutzbringende Telematik vorgestellt werden.

Pressekontakt:

Dr. Ilka M. Enger
Tel.: +49 (0) 170 3232354
Fax: +49 (0) 9401 9137457
E-Mail: enger@ig-med.de

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Dies ist ein Ausdruck aus www.krankenkassen-direkt.de
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© 2000-2025 Redaktion kkdirekt; alle Rechte vorbehalten, alle Angaben ohne Gewähr.

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