AOK-Bundesverband GbR|29.10.2021

PRESSEMITTEILUNG

"Krankenhäuser verhalten sich beim Pflegebudget nicht fair"

Berlin (kkdp)·Drei Fragen an: Dr. Jürgen Malzahn, Leiter des Krankenhausbereichs im AOK-Bundesverband

Der aktuelle Streit zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und den Krankenkassen um die Pflegebudgets zeige, "dass wir dringend eine Reform der Pflegefinanzierung im Krankenhaus benötigen". Das sagt der Leiter des Krankenhausbereichs im AOK-Bundesverband, Dr. Jürgen Malzahn. Ziel müsse sein, "dass die neue Bundesregierung die Doppelfinanzierung von DRGs und Pflegebudgets gesetzlich ausschließt". Hintergrund ist, dass bis 2019 die Kosten für das Pflegepersonal in den Krankenhäusern über die diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet wurden. Um Investitionen zu finanzieren oder Erlöse zu steigern, wurden jedoch nicht alle von den Krankenkassen bezahlten Pflegestellen besetzt. Die dadurch ausgelöste Mehrbelastung des Pflegepersonals wollte der Gesetzgeber stoppen und hat 2020 die Pflegebudgets eingeführt. Die Pflegekräfte am Bett werden jetzt außerhalb der Fallpauschalen vergütet.

Herr Dr. Malzahn, worum geht es im Streit zwischen Kliniken und Kassen?

Malzahn: Es geht im Kern darum, dass sich viele Krankenhäuser beim Pflegebudget nicht fair verhalten. Sie rechnen gegenüber den Krankenkassen Pflegepersonal ab, das in der Realität gar keine Patienten am Bett versorgt oder das bereits über die Fallpauschalen bezahlt wird. Der Bundesgesundheitsminister hatte die Chance, dieses Verhalten zu stoppen und für mehr Pflegekräfte in der Patientenversorgung zu sorgen. Er hat diese Chance bisher aber nicht genutzt. Das hat gravierende Folgen: Nach Berechnungen des GKV-Spitzenverbandes werden diese strategischen Doppelabrechnungen vieler Krankenhäuser die Beitragszahler im Jahr 2022 mit mindestens 700 Millionen Euro belasten. In den aktuellen Verhandlungen konnten sich DKG und Kassen bisher nicht auf eine Summe einigen, um diese Doppelabrechnung auszugleichen. Daher plant das Bundesgesundheitsministerium nun, per Ersatzvornahme eine unzureichende Bereinigung in Höhe von 175 Millionen Euro vorzugeben.

Warum ist diese Summe unzureichend?

Malzahn: Wenn der aktuelle Referentenentwurf für die Ersatzvornahme tatsächlich umgesetzt wird, würde nur ein Bruchteil der ungerechtfertigten Doppelzahlungen bei der Abrechnung berücksichtigt. Wie gesagt: Unsere Schätzungen gehen von einer Belastung von 700 Millionen für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler aus. Im Endeffekt würden sie also eine gute halbe Milliarde Euro zu viel zahlen - ohne dass die Patientenversorgung dadurch besser wird. De facto findet ja keine Entlastung der Pflegekräfte in den Krankenhäusern statt, weil das angeblich neu eingestellte Personal in der Pflege am Bett weiterhin fehlt. Das verschärft die Probleme, die wir gerade haben: Auf den Intensivstationen sollen nach Angaben der Intensivmediziner aktuell 4.000 Pflegekräfte fehlen.

Was ist aus Sicht der AOK nötig, um das Problem zu lösen?

Malzahn: Der aktuelle Vorgang zeigt, dass wir dringend eine Reform der Pflegefinanzierung im Krankenhaus benötigen. Die neue Bundesregierung sollte das Thema schnell angehen und dafür sorgen, dass die finanziellen Mittel endlich für die bessere Pflege, bessere Arbeitsbedingungen und somit auch für mehr Patientensicherheit eingesetzt werden. Wir haben daher in unseren Vorschlägen für ein Sofortprogramm gefordert, dass die neue Bundesregierung die Doppelfinanzierung von DRGs und Pflegebudgets gesetzlich ausschließt.

Pressekontakt:

AOK-Bundesverband
Kai Behrens, Pressesprecher
Tel. 030 34646-2309
Mobil 0152 015 630 42
presse@bv.aok.de


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