Die höchsten Defizite nach Kassenart entfielen auf die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) mit 1,4 Milliarden Euro und die Ersatzkassen mit 1,2 Milliarden Euro, gefolgt von den Innungskrankenkassen (IKK) mit 200 Millionen Euro, den Betriebskrankenkassen (BKK) mit 150 Millionen Euro und der Knappschaft mit 52 Millionen Euro. In Bezug auf die Vollständigkeit der Erhebung weist die FAZ darauf hin, dass einige Einzelkassen ihre Zahlen noch nicht gemeldet hätten.
AOK kritisiert Vorgaben zur FinanzierungDer bisherige Jahresverlauf in der Finanzentwicklung der Kassen sei stark von der Corona-Pandemie geprägt, so Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes gegenüber der FAZ. Im ersten Lockdown zugunsten von COVID-19-Patienten zurückgestellte Behandlungen und Operationen seien nun teilweise nachgeholt worden, was Ausgaben in das dritte Quartal verlagert habe (vgl. hierzu auch "Links zum Thema: GKV-Finanzergebnis für das 1. Halbjahr 2020"). Erschwerend komme hinzu, dass die Zusatzbeitragssätze nicht ausgabendeckend erhoben würden. Hintergrund dessen sei der politische Wille, zusätzliche - insbesondere auch pandemiebedingte - Ausgaben zu einem wesentlichen Teil aus den Rücklagen der Kassen zu finanzieren und hierüber die von der Regierung gegebene "Sozialgarantie" von maximal 40 Prozent Sozialabgaben bis zur Bundestagswahl aufrecht erhalten zu können. Dies sei jedoch kurzfristig gedacht, so Litsch.
Sozialgarantie zu Lasten der BeitragszahlerAus Sicht des AOK-Chefs stehe fest, dass die Kassen das Jahr 2020 mit einem Minus abschließen werden und das "dicke Ende für die gesetzliche Krankenversicherung erst noch kommt". Für 2021 werden alleine die pandemiebedingten Kosten auf rund 16 Milliarden Euro taxiert. Zusammen mit bereits beschlossenen "teuren Gesetzen" würde sich der Fehlbetrag im Folgejahr 2022 auf rund 17 Milliarden Euro belaufen. Die Rücklagen der Kassen im Vorfeld der Bundestagstagswahlen 2021 zu "verfeuern", sei deshalb falsch. Dies entziehe den Kassen den finanziellen Gestaltungsspielraum - auch für eine bessere Gesundheitsversorgung. Litsch warnt davor, dass sich der Zusatzbeitrag ohne politisches Gegensteuern auf eine Höhe von 2,5 Prozent zubewegen würde.
Bundesrat fordert höheren Zuschuss an GKVGeteilt wird die Kritik des AOK-Chefs von den Bundesländern. Die geplante einmalige Erhöhung des Bundeszuschusses um fünf Milliarden Euro entspreche nicht annähernd der Finanzierungsverantwortung des Bundes. Bei einem zu erwartenden Defizit von mehr als 16 Milliarden Euro würden milliardenschwere gesamtgesellschaftliche Kosten allein den Beitragszahlern der GKV aufgebürdet. Der Bundesrat fordert deshalb eine Aufstockung des Bundeszuschusses um elf Milliarden Euro (vgl. "Links zum Thema"). Ferner sei es inakzeptabel, dass die Krankenkassen zusätzlich zu den Ausgabenbelastungen die Finanzreserven weiter abschmelzen müssten, um die politisch auf den Weg gebrachten Kostensteigerungen 2021 auszugleichen.
Beitragssätze / Infos zur Kassenwahl
