KKH Kaufmännische Krankenkasse|23.07.2025

PRESSEMITTEILUNG

KKH verzeichnet Rekordschaden durch Betrug und Korruption

Hannover (kkdp)·Chefermittler Penkov: KI zukunftsweisender Schlüssel für Ermittlungsarbeit

Mit 5,4 Millionen Euro ist der KKH Kaufmännische Krankenkasse im vergangenen Jahr der bislang größte registrierte Schaden durch Abrechnungsbetrug entstanden. Der Löwenanteil entfällt auf ambulante Pflegedienste, die mit diversen Betrugsmaschen mehr als 4,1 Millionen Euro ergaunert haben. Insgesamt gingen beim KKH-Ermittlerteam bundesweit 479 neue Hinweise auf mögliches Fehlverhalten im Gesundheitswesen ein - von gefälschten Rezepten für teure Medikamente über den Missbrauch von Gesundheitskarten und abgerechnete Behandlungen, die frei erfunden sind, bis hin zu erschlichenen Krankengeldzahlungen. Mehr als die Hälfte der Delikte geht auf das Konto der ambulanten Pflege (270 Fälle). Damit führt dieser Gesundheitssektor wie in den Vorjahren die traurige Rankingliste betrügerischer Leistungserbringer mit großem Abstand an. Es folgen Physiotherapiepraxen mit 62 Fällen sowie Arztpraxen mit 21 Fällen.

Hinter diesen abstrakten Zahlen verbergen sich teils tragische Schicksale. Führt Geldgier dazu, dass beispielsweise schwerkranke Patient:innen gepanschte Medikamente erhalten oder Pflegebedürftige von Personen betreut werden, die ohne entsprechende Qualifikation Ernährungssonden setzen, kann das lebensbedrohliche Folgen haben. Doch das scheint Betrüger:innen kalt zu lassen. Allein 2022 und 2023 erreichten die Schäden zulasten der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch Abrechnungsbetrug mit mehr als 200 Millionen Euro einen neuen Höchststand. Hinzu kommt eine hohe Schadensdunkelziffer, die laut einer internationalen Studie bei 6,19 Prozent der jährlichen Gesundheitsausgaben und damit einer Schadenssumme von rund 18,5 Milliarden Euro allein in Deutschland liegt. "Diese illegal erschlichenen Gelder fehlen in der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Versicherten und können sich daneben auch auf die Höhe der Kassenbeiträge auswirken", sagt Emil Penkov, Chefermittler bei der KKH.

Rufschädigung durch Einzelne

Im Gesundheitswesen fließt viel Geld. So beliefen sich 2024 die reinen Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung auf rund 312,3 Milliarden Euro. Das ist ganz offensichtlich ein Einfallstor für die Raffgier krimineller Leistungserbringer. So steht ein Arzt im Verdacht, im zurückliegenden Jahr Operationen abgerechnet zu haben, die nie stattfanden. Und ein ambulanter Pflegedienst soll Pflegekurse für eine unrealistisch hohe Teilnehmerzahl geltend gemacht haben. Beide Fallbeispiele zeigen laut Penkov: "Es sind immer nur einige wenige eines Berufsstandes, die durch Betrug und Korruption teils skrupellos Gelder abzweigen und dadurch ehrliche Leistungserbringer in Misskredit bringen." Auch wenn in nahezu allen Gesundheitsbereichen rechtswidrig handelnde Akteure am Werk sind - von A wie Apotheken bis Z wie Zahnarztpraxen: Auf die ambulanten Pflegedienste als trauriger Spitzenreiter in puncto Schadenshöhe mit 4,1 Millionen Euro folgen mit deutlichem Abstand Apotheken mit rund 500.000 Euro sowie Krankenhäuser mit rund 365.000 Euro. Mehr als eine halbe Million Euro konnte die KKH erfolgreich zurückfordern.

Vernetzte Ermittlungsarbeit: Waffe gegen Kassen-Abzocke

Zu den häufigsten Delikten im Gesundheitswesen zählen die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, sogenannte Luftleistungen, sowie das Abkassieren von Höchstsätzen für unqualifiziertes Personal. Mitunter treiben Betrüger:innen ihre kriminellen Machenschaften in einem Bundesland und ziehen dann weiter in das nächste. Das erschwert es, Betrug, Korruption, Schmiergeldzahlungen oder Urkundenfälschungen aufzudecken. Emil Penkov hält den länderübergreifenden Austausch der Stellen zur Fehlverhaltensbekämpfung der Krankenkassen untereinander und gemeinsam mit Kassenärztlichen Vereinigungen, speziellen Staatsanwaltschaften, Fachkommissariaten der Polizei und anderen Behörden für zentral: "Nur in eng vernetzter, professioneller Ermittlungsarbeit kann es gelingen, für Täterinnen und Täter vor Gericht rechtskräftige Verurteilungen zu erwirken - auch zwecks Abschreckung. Spezialisierte Strafverfolgungsbehörden sollte es daher in allen 16 Bundesländern geben."

Ein zukunftsweisendes Instrument sieht Jurist Penkov in Künstlicher Intelligenz. "Es reicht nicht, wenn die Fehlverhaltensstellen der Krankenkassen quasi zu Fuß einzelnen Hinweisen auf Abrechnungsbetrug nachgehen. Wir müssen das Dunkelfeld proaktiv erhellen. KI-Algorithmen können Betrugsstrukturen und Fälle aus dem großen Pool an Abrechnungsdaten aller Kassen herausfiltern und zentral für alle Ermittler bereitstellen. Wir begrüßen, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit dieser technischen, kassenübergreifenden Unterstützung erkannt hat." Ergänzende Vorschriften sind im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz zwar vorgesehen, jedoch wurden bislang leider nur einige wenige neue Regelungen umgesetzt. Umso wichtiger ist es, dass zeitnah die betreffenden Vorschriften zur besseren Fehlverhaltensbekämpfung und Prävention mittels KI-Einsatzes nachgeholt werden.

Ohne Hinweisgeber geht es nicht

Krankenkassen sind bei der Fehlverhaltensbekämpfung auf Hinweise vom Medizinischen Dienst, von Polizei, Finanzämtern, Medien oder Versicherten angewiesen. "Jedem glaubhaften Hinweis gehen wir nach", versichert Emil Penkov. "Dabei kann sich hinter einer unscheinbar wirkenden Handlung ein ausgetüfteltes Betrugssystem verbergen, das der Solidargemeinschaft immensen Schaden zufügt." Wer mögliches Fehlverhalten beobachtet hat, kann dies melden: anonym oder namentlich online über das BKMS-Hinweis-System unter kkh.de/abrechnungsbetrug oder per Mail an betrugsverdacht@kkh.de.

Die TOP DREI Leistungsbereiche nach Höhe der Schadenssumme 2024 (gerundet):

Ambulante Pflege (4,1 Mio. Euro)
Arzneimittel (499.000 Euro)
Krankenhausbereich (365.100 Euro)

Die TOP DREI Leistungsbereiche nach Zahl der neuen Fälle/Hinweise 2024:

Ambulante Pflege (270)
Krankengymnastik/Physiotherapie (62)
Ärztliche Leistungen (21)

Die TOP DREI Anfangsverdachte 2024:

Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, sog. Luftleistungen und -rezepte (161)
Einsatz unqualifizierten Personals (139)
Abrechnung ohne Zulassung/Genehmigung (69)

Pressekontakt:

Daniela Preußner
Pressesprecherin
Telefon 0511 2802-1610
Telefax 0511 2802-1699
presse@kkh.de


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