BKK Dachverband e.V.|26.06.2025
PRESSEMITTEILUNG
Teure Arzneimittel ohne Nutzennachweis: Ausgaben steigen um 23 Prozent
Berlin (kkdp)·Der Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege (SVR) stellt am 27. Juni 2025 sein neues Gutachten "Preise innovativer Arzneimittel in einem lernenden Gesundheitssystem" der Fachöffentlichkeit vor. Die Betriebskrankenkassen begrüßen die differenzierte Analyse und die Reformvorschläge ausdrücklich - und fordern, aus den Empfehlungen des Gutachtens nun auch konkrete politische Schritte. Das SVR-Gutachten und die Arzneimittelstatistik der Betriebskrankenkassen zeigen den Reformbedarf.
Insbesondere die hochpreisigen Arzneimittel mit unzureichender Evidenz und unklarer Langzeitwirkung stellen das solidarische Gesundheitssystem zusehends vor enorme Herausforderungen. Das gilt in besonders für die sogenannten Orphan Drugs und neuartige Therapien wie beispielsweise Gentherapien.
Preise müssen sich nach belegtem Nutzen richten
Das Gutachten bestätigt die Positionen der Betriebskrankenkassen. "Wir brauchen dringend eine Weiterentwicklung des AMNOG-Systems. Das System muss die Balance zwischen Innovation und Finanzierbarkeit wiederherstellen", sagt Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes. Derzeit gelingt es häufig nicht, den Preis eines neuen Arzneimittels konsequent an den tatsächlichen Zusatznutzen zu koppeln. Das ist jedoch ein zentrales Prinzip des AMNOG-Verfahrens.
Insbesondere bei den Orphan Drugs bestehen erhebliche Evidenzdefizite. Diese Arzneimittel erhalten mit der Zulassung pauschal einen "unterstellten" Zusatznutzen. Ein Beleg dafür ist nicht nötig. "Die Kosten liegen oft im sechs- oder siebenstelligen Bereich. Deshalb ist es unverzichtbar, diesen Therapien im Laufe ihres Lebenszyklus mit stringenter evidenzbasierter Re-Evaluation zu begegnen", so Knieps.
Die Arzneimittelstatistik der Betriebskrankenkassen zeigt: Orphan Drugs treiben Ausgaben pro Versicherten massiv
Unsere Arzneimittelstatistik für den Zeitraum April 2024 bis März 2025 zeigt deutlich, welchen Einfluss Orphan Drugs auf die GKV-Finanzen haben:
Diese Entwicklung bestätigt den Trend aus dem SVR-Gutachten: Wenige, dafür aber extrem teure Medikamente verursachen einen wachsenden Anteil der Arzneimittelausgaben. Die wirtschaftlichen Risiken für die gesetzliche Krankenversicherung nehmen dadurch massiv zu - bei gleichzeitig oft unzureichender Evidenzlage.
Dabei bilden diese Zahlen ausschließlich die Verordnungen im ambulanten Bereich ab. Da die Gentherapien jedoch fast ausnahmslos im Krankenhaus verabreicht werden, liegen die wahren Kosten für Orphan Drugs deutlich über diesen Angaben.
Konkrete Forderungen an Politik
Vor dem Hintergrund der aktuellen Daten und der Analyse des SVR fordern die Betriebskrankenkassen eine faire Preisbildung bei innovativen Arzneimitteln:
AMNOG als lernendes System weiterentwickeln
Seit seiner Einführung im Jahr 2011 hat sich das AMNOG-Verfahren bewährt. Es bleibt das zentrale Instrument für die Preisbildung neuer Arzneimittel. Gleichzeitig zeigt sich aber auch: Unter heutigen Bedingungen stößt es an seine Grenzen. Das gilt besonders bei neuartigen, kostenintensiven Therapien.
"Ein lernendes Gesundheitssystem braucht ein lernfähiges Preisbildungssystem", so Knieps. Die Erkenntnisse des SVR sollten jetzt genutzt werden, um die ökonomische Tragfähigkeit der Arzneimittelversorgung auch langfristig sicherzustellen. Das liegt im Interesse der Versicherten, der medizinischen Versorgung und der Innovationskultur in Deutschland.
Insbesondere die hochpreisigen Arzneimittel mit unzureichender Evidenz und unklarer Langzeitwirkung stellen das solidarische Gesundheitssystem zusehends vor enorme Herausforderungen. Das gilt in besonders für die sogenannten Orphan Drugs und neuartige Therapien wie beispielsweise Gentherapien.
Preise müssen sich nach belegtem Nutzen richten
Das Gutachten bestätigt die Positionen der Betriebskrankenkassen. "Wir brauchen dringend eine Weiterentwicklung des AMNOG-Systems. Das System muss die Balance zwischen Innovation und Finanzierbarkeit wiederherstellen", sagt Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes. Derzeit gelingt es häufig nicht, den Preis eines neuen Arzneimittels konsequent an den tatsächlichen Zusatznutzen zu koppeln. Das ist jedoch ein zentrales Prinzip des AMNOG-Verfahrens.
Insbesondere bei den Orphan Drugs bestehen erhebliche Evidenzdefizite. Diese Arzneimittel erhalten mit der Zulassung pauschal einen "unterstellten" Zusatznutzen. Ein Beleg dafür ist nicht nötig. "Die Kosten liegen oft im sechs- oder siebenstelligen Bereich. Deshalb ist es unverzichtbar, diesen Therapien im Laufe ihres Lebenszyklus mit stringenter evidenzbasierter Re-Evaluation zu begegnen", so Knieps.
Die Arzneimittelstatistik der Betriebskrankenkassen zeigt: Orphan Drugs treiben Ausgaben pro Versicherten massiv
Unsere Arzneimittelstatistik für den Zeitraum April 2024 bis März 2025 zeigt deutlich, welchen Einfluss Orphan Drugs auf die GKV-Finanzen haben:
Die Nettoausgaben pro Versicherten für Orphan Drugs stiegen in diesem Zeitraum um 23,2 Prozent auf 40,95 Euro.
Die Menge gemessen in Defined Daily Doses (DDD) je Versicherten wuchs hingegen nur um 16,9 Prozent. Das zeigt: Nicht nur die Quantität, sondern auch die Preise trieben die Kosten in die Höhe.
Die Gesamtausgaben für Orphan Drugs beliefen sich im Erhebungszeitraum allein bei Fertigarzneimitteln auf über 412 Millionen Euro nur im BKK-System - trotz sehr geringer Verordnungszahlen.
Diese Entwicklung bestätigt den Trend aus dem SVR-Gutachten: Wenige, dafür aber extrem teure Medikamente verursachen einen wachsenden Anteil der Arzneimittelausgaben. Die wirtschaftlichen Risiken für die gesetzliche Krankenversicherung nehmen dadurch massiv zu - bei gleichzeitig oft unzureichender Evidenzlage.
Dabei bilden diese Zahlen ausschließlich die Verordnungen im ambulanten Bereich ab. Da die Gentherapien jedoch fast ausnahmslos im Krankenhaus verabreicht werden, liegen die wahren Kosten für Orphan Drugs deutlich über diesen Angaben.
Konkrete Forderungen an Politik
Vor dem Hintergrund der aktuellen Daten und der Analyse des SVR fordern die Betriebskrankenkassen eine faire Preisbildung bei innovativen Arzneimitteln:
Abschaffung des fiktiven Zusatznutzens bei Orphan Drugs in der AMNOG-Bewertung - der Status allein darf keine automatische Höherbewertung rechtfertigen.
Evidenzbasierte Bewertung über den gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels - z. B. durch eine bessere anwendungsbegleitende Datenerhebung und regelmäßige Re-Evaluation.
Neuer Preisbildungsmechanismus bei hochteuren Einmaltherapien - z. B. durch einen prospektiv angepassten Erstattungsbetrag.
AMNOG als lernendes System weiterentwickeln
Seit seiner Einführung im Jahr 2011 hat sich das AMNOG-Verfahren bewährt. Es bleibt das zentrale Instrument für die Preisbildung neuer Arzneimittel. Gleichzeitig zeigt sich aber auch: Unter heutigen Bedingungen stößt es an seine Grenzen. Das gilt besonders bei neuartigen, kostenintensiven Therapien.
"Ein lernendes Gesundheitssystem braucht ein lernfähiges Preisbildungssystem", so Knieps. Die Erkenntnisse des SVR sollten jetzt genutzt werden, um die ökonomische Tragfähigkeit der Arzneimittelversorgung auch langfristig sicherzustellen. Das liegt im Interesse der Versicherten, der medizinischen Versorgung und der Innovationskultur in Deutschland.
Pressekontakt:
Torsten Dittkuhn
+49 30 2700 406 - 301
torsten.dittkuhn@bkk-dv.de