Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.|08.10.2025
PRESSEMITTEILUNG
Neue Bundesregierung setzt Ampel-Blindflug bei der Krankenhausreform fort
Düsseldorf (kkdp)·KGNW-Präsident Ingo Morell: Gesetzentwurf bringt wenige Korrekturen und neue Unsicherheiten
Versprochen und dann gekniffen: Als große Enttäuschung für die rund 300 NRW-Krankenhäuser mit ihren mehr als 300.000 Beschäftigten wertet die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) den von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken vorgelegten Korrekturversuch für die Krankenhausreform. Denn der am heutigen Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) beachtet fast keine der Zusagen im schwarz-roten Koalitionsvertrag: Insbesondere verschafft er den Ländern keine ausreichende Flexibilisierung, um die Krankenhausversorgung in ländlichen Regionen sicherstellen zu können. Statt drängender Korrekturen enthält der Entwurf weitere Verschärfungen, die die Krankenhausreform noch praxisferner machen und eine verlässliche Versorgung der Patientinnen und Patienten in Frage stellen. Dazu erklärt KGNW-Präsident Ingo Morell: "Dieser Gesetzentwurf enthält nur wenige Verbesserungen, um die Krankenhausreform des Bundes praxistauglich zu machen."
Zwar gelte für die in Nordrhein-Westfalen erfolgreich eingeführte Krankenhausplanung eine Übergangsfrist bis Ende 2030, aber auch für diese Zeit müsse das KHAG noch wichtige Klarstellungen liefern, sagt Morell: "Positiv sehen wir die endlich geschaffene Klarstellung, dass die NRW-Krankenhäuser zunächst nur die NRW-Systematik umsetzen müssen. Zugleich muss die Bundesregierung nun ihre Zusage aus dem Koalitionsvertrag erfüllen, dass die nordrhein-westfälischen Kliniken durch die Umsetzung der Krankenhausplanung nicht schlechter gestellt werden. Diese Zusage hat insbesondere auch eine finanzielle Dimension, weil in Nordrhein-Westfalen bis Ende 2030 das Fallpauschalensystem weiter angewendet werden soll." Die Bundesregierung müsse darum sicherstellen, dass in diesem Zeitraum auch die zentralen Zuschläge für Geburtshilfen, Pädiatrie, Schlaganfall-Stationen (Stroke-Unit), Intensivmedizin und Traumatologie an die Krankenhäuser gezahlt werden. "Es darf nicht sein, dass die Häuser im bevölkerungsreichsten Bundesland dafür bestraft werden, dass sie sich viel früher auf den Reformweg eingelassen haben. Sie haben mit allen Beteiligten erfolgreich gezeigt, dass und wie ein Systemwechsel mit Blick auf den regionalen Bedarf funktioniert", betont KGNW-Präsident Morell. Wichtiges Element der Krankenhausplanung sei das sehr gut funktionierende Modell, dass Krankenhäuser für Leistungsgruppen Kooperationen eingehen können und so die hohe Versorgungsqualität im neuen System gewährleisten. Es sei deshalb ein schlechtes Signal, dass die Bundesregierung diese Möglichkeit im KHAG weitegehend ausschließt: "Das stellt einen relevanten Erfolgsfaktor für eine am Bedarf der Menschen orientierte Versorgung in Frage."
Ministerin setzt sich über einstimmiges Ländervotum hinweg
Gerade vor dem Hintergrund der guten Erfahrungen mit der NRW-Krankenhausplanung übt KGNW-Präsident Ingo Morell deutliche Kritik an dem mit dem KHAG eingeschlagenen Kurs der neuen Bundesregierung: "Offenbar hat die Unionsseite in dieser Koalition ihre eigenen Kritikpunkte und Forderungen nach Korrekturen an der Krankenhausreform weitgehend geräumt. Sogar der mangelhafte Bundes-Klinik-Atlas, den die neue Ministerin abschaffen wollte, wird im Gesetzentwurf zementiert und soll künftig die Krankenhäuser in eine längst abgeräumte Level-Struktur einteilen. Man wundert sich, dass eine CDU-Ministerin die schon verworfenen Vorhaben ihres SPD-Vorgängers wieder aus der Schublade zieht, als hätte es keinen Regierungswechsel gegeben. Es rächt sich jetzt, dass die Ministerin nicht zuallererst die dringend notwendige Auswirkungsanalyse zur Krankenhausreform angestoßen hat. Ohne eine belastbare Folgenabschätzung als Wissensbasis begibt sich nun auch die Union auf eben jenen Ampel-Blindflug, den sie in der Opposition so vehement kritisiert hat."
KGNW-Präsident Morell fordert die Bundesregierung auf, ihre Zusagen aus dem Koalitionsvertrag zu erfüllen und den Bundesländern echte Flexibilität einzuräumen. Dass der Erhalt von Kliniken in ländlichen Regionen künftig von der Zustimmung der Krankenkassen abhängen solle, untergrabe das verfassungsrechtlich verbriefte Planungsrecht der Länder. Mit dem Entwurf düpiere die Bundesministerin ihre Amtskolleginnen und -kollegen aus den Ländern, die erst vergangene Woche den tatsächlichen Korrekturbedarf an der Krankenhausreform in einem einstimmig gefassten Beschluss klar benannt hätten. Davon finde sich kaum etwas im Gesetzentwurf wieder. "Bei vielen klaren Versprechen im Koalitionsvertrag hat Ministerin Warken gekniffen: Beispielsweise läuft die unrealistische Vorgabe, je Fachärztin und Facharzt nur drei Leistungsgruppen anzurechnen, am tatsächlichen Leistungsgeschehen vollkommen vorbei. So werden zuerst die Kliniken in den ländlichen Regionen aus dem Markt gedrängt", betont Morell. Die Politik der schwarz-roten Bundesregierung verfolge offenbar weiterhin den Kurs, möglichst schnell möglichst viele Krankenhäuser zu schließen. Morell: "Wenn die Abgeordneten das mit tragen und dem ausdrücklich zustimmen, müssen sie es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ebenso den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort selbst erklären."
Bundesgesundheitsministerin muss Pläne mit Ansprüchen des Zivilschutzes harmonisieren
Eine weitere Schwachstelle im KHAG-Entwurf der Bundesgesundheitsministerin liegt aus Sicht der KGNW darin, dass es die parallel laufende Debatte über eine zivile Verteidigungsfähigkeit ignoriert, für die Krankenhäuser eine zentrale Rolle der Daseinsvorsorge erfüllen sollen. KGNW-Präsident Morell fordert einen zügigen Abgleich der Planungen: "Immer öfter wird von ziviler Verteidigungsfähigkeit gesprochen. Dabei wird vorausgesetzt, dass deutsche Krankenhäuser verletzte NATO-Soldaten und die Bevölkerung versorgen. Eine Krankenhausreform im Blindflug, wie sie die neue Bundesgesundheitsministerin fortsetzt, gefährdet diese zivile Verteidigungsfähigkeit. Es muss zuerst und schnell ein Abgleich zwischen den Reformplänen des Bundes und den nun im Kontext der zivilen Verteidigungsfähigkeit entstehenden Anforderungen an die Krankenhäuser erfolgen. Denn Corona hat doch gezeigt: Maximalversorger wie die Universitätskliniken funktionieren nur in Zusammenarbeit mit dem breiten Spektrum der anderen Krankenhäuser, allein können sie nicht die Versorgung gewährleisten."
Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen ist der Zusammenschluss der Krankenhausträger und ihrer Spitzenverbände. Sie vertritt rund 330 somatische und psychiatrische Krankenhäuser, die mit etwa 301.000 Beschäftigten rund 4,2 Millionen Patientinnen und Patienten im Jahr stationär versorgen und zu den größten Arbeitgebern in NRW zählen.
Versprochen und dann gekniffen: Als große Enttäuschung für die rund 300 NRW-Krankenhäuser mit ihren mehr als 300.000 Beschäftigten wertet die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) den von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken vorgelegten Korrekturversuch für die Krankenhausreform. Denn der am heutigen Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) beachtet fast keine der Zusagen im schwarz-roten Koalitionsvertrag: Insbesondere verschafft er den Ländern keine ausreichende Flexibilisierung, um die Krankenhausversorgung in ländlichen Regionen sicherstellen zu können. Statt drängender Korrekturen enthält der Entwurf weitere Verschärfungen, die die Krankenhausreform noch praxisferner machen und eine verlässliche Versorgung der Patientinnen und Patienten in Frage stellen. Dazu erklärt KGNW-Präsident Ingo Morell: "Dieser Gesetzentwurf enthält nur wenige Verbesserungen, um die Krankenhausreform des Bundes praxistauglich zu machen."
Zwar gelte für die in Nordrhein-Westfalen erfolgreich eingeführte Krankenhausplanung eine Übergangsfrist bis Ende 2030, aber auch für diese Zeit müsse das KHAG noch wichtige Klarstellungen liefern, sagt Morell: "Positiv sehen wir die endlich geschaffene Klarstellung, dass die NRW-Krankenhäuser zunächst nur die NRW-Systematik umsetzen müssen. Zugleich muss die Bundesregierung nun ihre Zusage aus dem Koalitionsvertrag erfüllen, dass die nordrhein-westfälischen Kliniken durch die Umsetzung der Krankenhausplanung nicht schlechter gestellt werden. Diese Zusage hat insbesondere auch eine finanzielle Dimension, weil in Nordrhein-Westfalen bis Ende 2030 das Fallpauschalensystem weiter angewendet werden soll." Die Bundesregierung müsse darum sicherstellen, dass in diesem Zeitraum auch die zentralen Zuschläge für Geburtshilfen, Pädiatrie, Schlaganfall-Stationen (Stroke-Unit), Intensivmedizin und Traumatologie an die Krankenhäuser gezahlt werden. "Es darf nicht sein, dass die Häuser im bevölkerungsreichsten Bundesland dafür bestraft werden, dass sie sich viel früher auf den Reformweg eingelassen haben. Sie haben mit allen Beteiligten erfolgreich gezeigt, dass und wie ein Systemwechsel mit Blick auf den regionalen Bedarf funktioniert", betont KGNW-Präsident Morell. Wichtiges Element der Krankenhausplanung sei das sehr gut funktionierende Modell, dass Krankenhäuser für Leistungsgruppen Kooperationen eingehen können und so die hohe Versorgungsqualität im neuen System gewährleisten. Es sei deshalb ein schlechtes Signal, dass die Bundesregierung diese Möglichkeit im KHAG weitegehend ausschließt: "Das stellt einen relevanten Erfolgsfaktor für eine am Bedarf der Menschen orientierte Versorgung in Frage."
Ministerin setzt sich über einstimmiges Ländervotum hinweg
Gerade vor dem Hintergrund der guten Erfahrungen mit der NRW-Krankenhausplanung übt KGNW-Präsident Ingo Morell deutliche Kritik an dem mit dem KHAG eingeschlagenen Kurs der neuen Bundesregierung: "Offenbar hat die Unionsseite in dieser Koalition ihre eigenen Kritikpunkte und Forderungen nach Korrekturen an der Krankenhausreform weitgehend geräumt. Sogar der mangelhafte Bundes-Klinik-Atlas, den die neue Ministerin abschaffen wollte, wird im Gesetzentwurf zementiert und soll künftig die Krankenhäuser in eine längst abgeräumte Level-Struktur einteilen. Man wundert sich, dass eine CDU-Ministerin die schon verworfenen Vorhaben ihres SPD-Vorgängers wieder aus der Schublade zieht, als hätte es keinen Regierungswechsel gegeben. Es rächt sich jetzt, dass die Ministerin nicht zuallererst die dringend notwendige Auswirkungsanalyse zur Krankenhausreform angestoßen hat. Ohne eine belastbare Folgenabschätzung als Wissensbasis begibt sich nun auch die Union auf eben jenen Ampel-Blindflug, den sie in der Opposition so vehement kritisiert hat."
KGNW-Präsident Morell fordert die Bundesregierung auf, ihre Zusagen aus dem Koalitionsvertrag zu erfüllen und den Bundesländern echte Flexibilität einzuräumen. Dass der Erhalt von Kliniken in ländlichen Regionen künftig von der Zustimmung der Krankenkassen abhängen solle, untergrabe das verfassungsrechtlich verbriefte Planungsrecht der Länder. Mit dem Entwurf düpiere die Bundesministerin ihre Amtskolleginnen und -kollegen aus den Ländern, die erst vergangene Woche den tatsächlichen Korrekturbedarf an der Krankenhausreform in einem einstimmig gefassten Beschluss klar benannt hätten. Davon finde sich kaum etwas im Gesetzentwurf wieder. "Bei vielen klaren Versprechen im Koalitionsvertrag hat Ministerin Warken gekniffen: Beispielsweise läuft die unrealistische Vorgabe, je Fachärztin und Facharzt nur drei Leistungsgruppen anzurechnen, am tatsächlichen Leistungsgeschehen vollkommen vorbei. So werden zuerst die Kliniken in den ländlichen Regionen aus dem Markt gedrängt", betont Morell. Die Politik der schwarz-roten Bundesregierung verfolge offenbar weiterhin den Kurs, möglichst schnell möglichst viele Krankenhäuser zu schließen. Morell: "Wenn die Abgeordneten das mit tragen und dem ausdrücklich zustimmen, müssen sie es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ebenso den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort selbst erklären."
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Bundesgesundheitsministerin muss Pläne mit Ansprüchen des Zivilschutzes harmonisieren
Eine weitere Schwachstelle im KHAG-Entwurf der Bundesgesundheitsministerin liegt aus Sicht der KGNW darin, dass es die parallel laufende Debatte über eine zivile Verteidigungsfähigkeit ignoriert, für die Krankenhäuser eine zentrale Rolle der Daseinsvorsorge erfüllen sollen. KGNW-Präsident Morell fordert einen zügigen Abgleich der Planungen: "Immer öfter wird von ziviler Verteidigungsfähigkeit gesprochen. Dabei wird vorausgesetzt, dass deutsche Krankenhäuser verletzte NATO-Soldaten und die Bevölkerung versorgen. Eine Krankenhausreform im Blindflug, wie sie die neue Bundesgesundheitsministerin fortsetzt, gefährdet diese zivile Verteidigungsfähigkeit. Es muss zuerst und schnell ein Abgleich zwischen den Reformplänen des Bundes und den nun im Kontext der zivilen Verteidigungsfähigkeit entstehenden Anforderungen an die Krankenhäuser erfolgen. Denn Corona hat doch gezeigt: Maximalversorger wie die Universitätskliniken funktionieren nur in Zusammenarbeit mit dem breiten Spektrum der anderen Krankenhäuser, allein können sie nicht die Versorgung gewährleisten."
Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen ist der Zusammenschluss der Krankenhausträger und ihrer Spitzenverbände. Sie vertritt rund 330 somatische und psychiatrische Krankenhäuser, die mit etwa 301.000 Beschäftigten rund 4,2 Millionen Patientinnen und Patienten im Jahr stationär versorgen und zu den größten Arbeitgebern in NRW zählen.
Pressekontakt:
Referat für Politik, PR und Presse
Hilmar Riemenschneider
Tel.: 0211/47819-70
E-Mail: hriemenschneider@kgnw.de