Das beim BfArM eingerichtete FDZ Gesundheit soll die zentrale Infrastruktur für die sichere Bereitstellung und Nutzung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken im Gesundheitswesen stellen. Die heutige Eröffnung sei ein "wichtiger Schritt für das Gesundheitswesen, das damit digitaler, souveräner und wissensgenerierender wird", so das Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Zugeliefert werden dem FDZ pseudonymisierte Daten, die von den gesetzlichen Krankenkassen stammen. Forschende, die diese Daten nutzen möchten, müssen einen Antrag stellen und darlegen, für welche Zwecke sie die Daten benötigen. Wird der Antrag durch das FDZ genehmigt, bekommen die Forschenden Zugriff zu einem virtuellen Analyseraum. Dort liegt eine speziell zugeschnittene Datenmenge, die genau auf ihre Forschungsfrage abgestimmt ist. Ein Versand der Daten an die Forschenden findet nicht statt.
Gesundheitsdaten für das FDZ
Zu den Gesundheitsdaten für das FDZ gehören alle Informationen, die etwas über den Gesundheitszustand einer Person aussagen, wie zum Beispiel Krankheiten, Behandlungen oder den Lebensstil. Sie werden bei Arztbesuchen, in Krankenhäusern oder durch spezielle Untersuchungen erfasst. Zusätzlich umfassen die Daten für das FDZ die Abrechnungsdaten aller gesetzlich Versicherten in Deutschland. Das sind z. B. Diagnosen, verschriebene Medikamente und Informationen über einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus. Hinzu kommen die Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA).
Aktueller Status quo des FDZ GesundheitIm FDZ Gesundheit liegen bereits die pseudonymisierten Abrechnungsdaten aller GKV Versicherten zwischen 2009 und 2023 vollständig vor. Neuere Daten werden nach Bereinigung und Aufarbeitung ergänzt. Die Abrechnungsdaten enthalten Informationen über Diagnosen, Therapien, Arzneimittelverordnungen, Krankenhausaufenthalte und die weitere Versorgung, nach Alter und Geschlecht und regional aufgeschlüsselt. Die Datensätze erlauben eine pseudonymisierte Auswertung von Krankheitsverläufen. So ist es möglich, das Gesundheitswesen dynamisch auf neue Herausforderungen auszurichten. Ein Rückschluss auf einzelne Patienten (auch rückwirkend) ist dabei nicht möglich.
Voraussichtlich ab Oktober 2026 werden zusätzlich die Daten, die Versicherte freiwillig aus der ePA bereitstellen, beim FDZ einfließen. In Zukunft wird das FDZ Gesundheit mit weiteren Datenquellen, etwa den Krebsregistern, vernetzt.
Alle Daten, die im FDZ Gesundheit bereitgestellt werden, sind pseudonymisiert oder anonymisiert. Die Pseudonymisierung der Daten erfolgt durch die Vertrauensstelle am Robert Koch-Institut.
Der Zugang zu den Datensätzen kann grundsätzlich von allen Forschenden, z. B. Forschungseinrichtungen, Universitätskliniken, Politik und Krankenkassen, Biotechnologie- und Pharmaunternehmen, Start-ups, Patienten- und Verbraucherschutzverbänden, beantragt werden. Voraussetzung hierfür ist ein erlaubter Nutzungszweck. Die Forschung muss der Verbesserung der Gesundheitsversorgung dienen. Marktrecherche oder Produktentwicklung ohne medizinischen Erkenntnisgewinn sind ausgeschlossen.
Die Daten werden ausschließlich in geschützten, zugangskontrollierten Analyseräumen zur Verfügung gestellt. Nur die Endergebnisse verlassen die sichere Verarbeitungsumgebung nach Prüfung durch die Mitarbeitenden am FDZ Gesundheit.
Alle genehmigten Forschungsvorhaben sind in einem öffentlich einsehbaren Antragsregister dokumentiert.
Hintergrund: FDZ Gesundheit
Das FDZ Gesundheit ist eine Weiterentwicklung der früheren Datenaufbereitungsstelle, die seit 2013 am ehemaligen Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) angesiedelt war und Analysen von Abrechnungsdaten für Forschungszwecke ermöglichte. Im Jahr 2019 wurde das DIMDI aufgelöst, und im Zuge des Digitale-Versorgung-Gesetzes wurde der Aufbau des FDZ Gesundheit gestartet. Das FDZ übernimmt alle Aufgaben der ehemaligen Datenaufbereitungsstelle und ersetzt diese vollständig. Der Gesetzgeber hat die Forschungsdatenzentrum Gesundheit-Verordnung (FDZGesV) und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) erlassen, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu konkretisieren. Obwohl das FDZ Gesundheit am BfArM angesiedelt ist, arbeitet es unabhängig und eigenständig. Gesundheitsdatenforschung notwendig"Durch die Nutzung pseudonymisierter Real-World-Daten können wir Krankheiten besser verstehen und die Arzneimittelentwicklung beschleunigen", prognostiziert Prof. Karl Broich, Präsident des BfArM bei der Eröffnung. Die Daten des FDZ könnten dazu beitragen, die personalisierte Medizin weiter zu verbessern und ganz neue Therapieideen zu entwickeln, ergänzt Han Steutel, Präsident des Verbandes forschender Pharma-Unternehmen (vfa). Auch Prof. Michael Hallek, Direktor Klinik I für Innere Medizin und Centrum für Integrierte Onkologie in Köln hebt die Bedeutung des FDZ für die Medizin hervor: "Daten sind heute unverzichtbarer Motor wissenschaftlicher Innovation. Gerade in der Krebsforschung (...) ist der Zugang zu hochwertigen, strukturierten und datenschutzkonformen Patientendaten eine Voraussetzung für die Entwicklung neuer Diagnoseverfahren, personalisierter Therapien und präventiver Maßnahmen."
Zudem setze das FDZ Gesundheit neue Maßstäbe für den datenschutzkonformen Zugang zu sensiblen Gesundheitsdaten, erklärt Prof. Louisa Specht-Riemenschneider, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Strenge Pseudonymisierungsverfahren, gesicherte Verarbeitungsumgebungen und eine umfassende Antragsprüfung sorgten für ein hohes Schutzniveau.
Die Basis für das FDZ schafft die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) - zum einen durch das Bereitstellen ihrer Abrechnungsdaten und zum anderen dadurch, dass sie das Forschungsdatenzentrum nahezu vollständig finanziert, so Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende im GKV Spitzenverband. Auch die gesetzlichen Krankenkassen selbst wollen die neuen Möglichkeiten intensiv nutzen, etwa um Präventionsangebote, Disease-Management-Programme (DMP), neue Versorgungsformen oder die Krankenhausreform gezielt im Sinne der bestmöglichen Versorgung für ihre Versicherten weiterzuentwickeln.