Midijobs: Übergangsbereich bis 2.000 Euro (vormals: Gleitzone)

Um die Aufnahme niedrig entlohnter Beschäftigungen attraktiver zu machen, sieht der sogenannte Übergangsbereich (vormals "Gleitzone") für Entgelte von 538,01 Euro bis 2.000,00 Euro pro Monat (Stand: 2024) teils deutlich reduzierte Beiträge zur Sozialversicherung vor. Bis 30.09.2022 betrug die Verdienstgrenze 1.300 Euro, ab 01.10.2022 dann 1.600,00 Euro und seit 01.01.2023 beträgt sie 2.000,00 Euro.

Besondere Beitragsberechnung im Übergangsbereich

Die Arbeitnehmer zahlen innerhalb des Übergangsbereichs / der Gleitzone nur einen reduzierten Beitragsanteil. Dieser steigt progressiv an. Der verminderte Arbeitnehmerbeitrag ergibt sich durch die rechnerische Reduzierung der beitragspflichtigen Einnahme. Diese folgt vorgegebenen Formeln und einem Berechnungsfaktor "F" (vgl. Thema "SV-Rechengrößen"). Für den Arbeitgeber hat sich der Übergangsbereich / die Gleitzone dagegen bis 30.09.2022 nicht beitragsmindernd ausgewirkt. Er hat seinen Beitragsanteil aus dem tatsächlichen und damit höheren Arbeitsentgelt gezahlt. Seit 01.10.2022 wird jedoch auch der Arbeitgeberbeitrag aus einem fiktiv reduzierten Entgelt berechnet. Zudem wird der Faktor "F" seit Oktober 2022 anders ermittelt. Dies sieht das von der Bundesregierung am 23.02.2022 beschlossene und am 30.06.2022 im Bundesgesetzblatt verkündete "Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung" vor.

Übergangsregelung bis Ende 2023
Durch die im Jahr 2022 angehobenen Verdienstgrenzen von Minijobs und Midijobs wären versicherungspflichtige Beschäftigungen, die bereits am 30.09.2022 bestanden, ab 01.10.2022 versicherungsfrei geworden, wenn das Entgelt zwischen 450,01 Euro und 520,00 Euro (damals neue Verdienstgrenze für den Übergangsbereich) lag. In diesen Fällen galt die Versicherungspflicht bis längstens 31.12.2023 fort. Der Arbeitnehmer hatte jedoch die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien zu lassen.

Machte er dies nicht, wurden die Beiträge im Übergangsbereich - angelehnt an das bis dahin geltende Verfahren - anders berechnet, als für Beschäftigungen, die ab dem 01.10.2022 begonnen wurden oder bereits ein Entgelt oberhalb der neuen Grenze gezahlt wurde. Im Midijobrechner ist im entsprechenden Berechnungszeitraum für diese Fälle zu markieren, dass die Beschäftigung bereits am 30.09.2022 bestand.

In der Rentenversicherung galt die Übergangsregelung ausschließlich für Beschäftigte in Privathaushalten. Für Beschäftigungen bei gewerblichen und freiberuflichen Arbeitgebern galten in diesen Fällen die Regelungen für Minijobs. Im Midijobrechner wird dies entsprechend berücksichtigt und ausgewiesen.
Nur das "regelmäßige" Arbeitsentgelt zählt

Bei der Beurteilung, ob die Regelung des Übergangsbereichs / der Gleitzone anzuwenden ist, wird auf das "regelmäßige" Arbeitsentgelt abgestellt. Als regelmäßig gilt das Arbeitsentgelt, wenn der Anspruch darauf insbesondere durch Arbeits- und Tarifvertrag oder einem aus der Vergangenheit resultierendem "Gewohnheitsrecht" erwächst. Darunter fallen auch Einmalzahlungen wie das Weihnachts- und Urlaubsgeld, wenn diese mindestens einmal jährlich zu erwarten sind. Bei schwankenden Entgelten oder Einmalzahlungen ist dann das jährliche Arbeitsentgelt zu ermitteln und durch zwölf zu teilen. Ein Beispiel:

Monatliches Arbeitsentgelt: 600,00 Euro
Vertragliches Weihnachtsgeld: 300 Euro/Jahr
Regelmäßiges Arbeitsentgelt: (600 x 12 + 300) : 12 = 625,00 Euro/Monat
Ergebnis: Übergangsbereich / Gleitzone ist anzuwenden

Entgelt aus mehreren Beschäftigungen

Werden mehrere Beschäftigungen ausgeübt, gilt die Regelung des Übergangsbereichs / der Gleitzone nur, wenn die Summe aller Entgelte nicht über 2.000 Euro liegt. Zusammenzurechnen sind dabei nur "versicherungspflichtige" Beschäftigungen.

Ausnahmen

Personen, deren Arbeitsentgelt aus besonderen Umständen oder durch eine Berufsausbildung in den Übergangsbereich / die Gleitzone fällt, sind von den Regelungen für Midijobs ausgenommen. Maßgebend für die Beitragsberechnung ist in diesen Fällen nicht das reduzierte, sondern das "volle" Arbeitsentgelt. Dazu gehören insbesondere Personen

die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.
in Wiedereingliederungsmaßnahmen nach einer Arbeitsunfähigkeit.
die als versicherungspflichtige Arbeitnehmer regelmäßig oberhalb des Übergangsbereichs / der Gleitzone verdienen und das Entgelt nur wegen Kurzarbeit (Kug) oder im Baugewerbe wegen schlechten Wetters (WAG) gemindert ist.

Auswirkungen auf Geldleistungen

Die Geldleistungen der Kranken- und Arbeitslosenversicherung werden, soweit sie von der Höhe des Entgelts abhängig sind, trotz der verminderten Beitragszahlung aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet. Eine Besonderheit gilt jedoch für die Rentenversicherung.

Besonderheit in der Rentenversicherung

Flexirentengesetz
Im Zuge des "Gesetzes zur Flexibilisierung des Rentenübergangs und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation" (Flexirentengesetz) wurden 2017 einige Regelungen zur Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht geändert. Hierzu haben wir einen eigenen Beitrag verfasst (vgl. "Links zum Thema").

Übergangsbereich und Gleitzone in der RV
Für die Rentenberechnung wurde bis zum 30.06.2019 nur das beitragspflichtige (und damit rechnerisch reduzierte) Entgelt herangezogen. Damit der Arbeitnehmer dadurch keinen Nachteil bei seinen Rentenansprüchen erlitt, konnte er beim Arbeitgeber schriftlich und mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Rentenversicherungsbeiträge aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet werden sollten. Die Erklärung konnte bei mehreren Beschäftigungen nur einheitlich abgegeben werden.

Zum 01.07.2019 entfiel diese Möglichkeit. Ab diesem Zeitpunkt führen die verminderten Rentenversicherungsbeiträge im Übergangsbereich nicht mehr zu geringeren Rentenansprüchen. Bereits gestellte Anträge verloren mit dem 30.06.2019 ihre Wirkung.

Meldung des Entgelts
Um vor diesem Hintergrund das tatsächliche und nicht nur das fiktiv errechnete Entgelt bei der Ermittlung von Rentenleistungen berücksichtigen zu können, muss der Arbeitgeber für Zeiträume ab 01.07.2019 beide Entgelte melden. Das tatsächliche Entgelt wird hierzu im Feld "Rentenberechnung" (Datenbaustein "Meldesachverhalt") eingetragen.

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